Sonntag, 15. September 2013
Das gute Leben
5. September 2013
Heute hab ich zum ersten Mal die Himalayas gesehen! Wow! Unglaublich beeindruckend! Aber alles der Reihe nach...
Diese Woche haben wir uns zu ein paar Tagen wohlverdienter Ferien nach Pokhara aufgemacht. Diese an einem See und zwischen Hügeln gelegene Stadt ist die zweitgrösste (nach Kathmandu) und das Ferienparadies Nepals sowohl für Nepalesen wie auch für Ausländer. Mit dem Touristenbus (um einiges angenehmer als der local bus) kommt man in 7-8 Stunden nach aufregender, holpriger und manchmal halsbrecherischer, aber wunderschöner Fahrt von Kathmandu dorthin. Und das alles für 6 Franken 50! Allerdings können sie bei so riskanten Überholmanövern (bergauf, auf enger Strasse, an Lastwagen und anderen Reisebussen vorbei) wohl nicht mehr verlangen...aber keine Angst, ich lebe noch und habe mich so daran gewöhnt, dass ich nur lachend, staunend, kopfschüttelnd und vertrauend dasitzen kann! Man fährt bergauf und bergab, vorbei an Reisfeldern, Bambus- und Bananenstauden, unzähligen Tempeln, wuchernden Wäldern und entlang eines beeindruckenden Flusses. Viele Nepalesen vergleichen ihr Land mit der Schweiz und je mehr ich davon sehe, muss ich abgesehen von Abfall, Dreck, Chaos und den Menschen in vielem zustimmen. Zumindest landschaftlich kann man Vergleiche anstellen. Die Hügel, die Berge, die Wälder, Felder, Flüsse, Schluchten und Seen ähneln sich schon sehr, hier ist einfach alles grösser, wilder und asiatischer! ;) Die Strecke führt durch unzählige kleine Dörfer, in denen man erkennt wie hart die Bedingungen sind, in denen die Menschen hier teilweise leben. Aber wie ich in meinem letzten Post schon erwähnt hatte, wirken sie irgendwie zufrieden und machen das beste draus. What to do! Sehr beeindruckend!
Als wir in Pokhara aus dem Bus ausstiegen wurden wir sofort von Nepalesen umringt, die uns alle ihr Hotel anpreisen wollten. Wir wollten aber selbst auswählen und nahmen uns einfach ein Taxi nach Lakeside, das Touristenviertel Pokharas. Nach zwei Reinfällen fanden wir ein süsses Hotel mit dem geschichtsträchtigen Namen Hotel Tenzing Hillary. Für 4 Franken pro Nacht schliefen wir auf richtigen Matrazen, duschten warm und wurden mit einer Herzlichkeit bedient, die uns rührte.
Als wir uns aufmachten, etwas zu Abend zu essen, fiel uns gleich auf, dass Pokhara um einiges ruhiger und gemächlicher ist als Kathmandu. Wir fanden ein hübsches Restaurant mit Seeblick und assen leckeres indisches Essen. Plötzlich wurde über unseren Köpfen ein Fernseher angemacht und das Fussballspiel Nepal : Pakistan übertragen. Ganz im Geist von "what to do" haben wir uns zu den alten Männern dazugesetzt und mitgeguckt. Am Schluss stand 1:1 und alle Nepalesen waren sowohl vom Spiel als auch von unserer Zusicherung, dass wir auf jeden Fall Nepal unterstützen, begeistert! Wir waren beim Nachtisch, als plötzlich Musik angemacht wurde, Tische und Stühle weggeräumt wurden und einige Nepalesen anfingen zu tanzen. Einer nach dem anderen kam zu uns an den Tisch und bat inständig darum, dass wir doch mittanzen wollen. Das liessen wir uns nicht zweimal sagen! Die Nepalesen waren ganz begeistert davon und wir hatten einen wirklich lustigen Abend
Die nächsten Tage waren gefüllt mit tollen Aktivitäten. Mein persönliches Highlight war der Sunrise-Hike. Dazu wird man um 4:30 Uhr morgens vom Taxi abgeholt und eine halbe Stunde den Berg hoch gefahren. Die letzten 40 Minuten wandert man mit Taschenlampe einen schmalen Pfad hoch um zu einer Aussichtsplattform zu kommen. Von da soll man den Sonnenaufgang und einige Schneebedeckte Gipfel des Himalaya wunderbar sehen können. Nun ist aber im Moment Monsoon und der Himmel war leider völlig wolkenverhangen. Ich hoffte und betete so sehr, dass die Wolken doch aufreissen werden und wir die Berge würden sehen können. Und tatsächlich! Plötzlich rissen die Wolken etwas auf und in einer Höhe, in der ich schon lange keine Berge mehr erwartet hätte, erschien der atemberaubende Gipfel des Annapurna-I. Ich war völlig überwältigt und mir stiegen die Tränen in die Augen angesichts einer solchen Majestät und eines solchen Geschenks an uns! Ihr kennt mich ja...ziemlich nah am Wasser gebaut :) nach und nach verschoben sich die Wolken und immer wieder kam ein Gipfel zum Vorschein und verschwand wieder. Ein mächtiges Schauspiel! Ich bin wirklich platt und freue mich nun noch mehr auf mein baldiges Trekking!
Am Sonntag, 8.9., war Teej (sag Tiis). Dies ist ein Festival nur für Frauen. Die gläubigen Hindu-Frauen fasten tagsüber für ein langes Leben und gute Gesundheit für ihre Ehemänner, wer noch nicht verheiratet ist, fastet dafür, einen guten Ehemann zu kriegen. Während sie fasten treffen sich die Frauen um zu tanzen und Spass zu haben. Alle tragen ihre schönsten Saris und Kurta Salwar, wenn möglich in rot, denn das ist die Farbe Shivas (wurde uns zumindest gesagt) und ihren schönsten Schmuck. Natürlich wollten wir das erleben und haben uns extra dafür Kurta Salwars schneidern lassen. Zusammen mit in paar nepalesischen Frauen sind wir zu einem Park gegangen, in dem eine grosse Party abgehalten wurde. Schon auf dem Weg dahin erhielten wir viele begeisterte Kommentare zu unseren Kleidern. im Park dann tausende von wunderschönen Frauen in rot, aber wir waren die Hauptattraktion! So lustig! Jede wollte ein Foto mit uns und mit uns tanzen. Sie waren ganz begeistert davon, wie wir versuchten nepalesisch zu tanzen. Ich hingegen war begeistert von all den jungen und alten Frauen, die einfach ungehemmt zur Musik "abgingen". Es war so schön, diese Ausgelassenheit und Fröhlichkeit zu spüren. Das war einfach ansteckend!
So, jetzt muss ich abschliessen, denn morgen geht's auf ein zweiwöchiges Trekking in der Langtangregion! Da werdet ihr zwei Wochen nichts von mir hören oder lesen, aber dafür umso mehr, wenn ich wieder zurück bin! Tata!
Montag, 9. September 2013
Eingetaucht
August 2013
Ich war die letzten paar Wochen entweder krank oder so beschäftigt Nepal zu entdecken, dass ich gar nicht zum Schreiben kam. Tut mir leid! Aber in dieser Zeit ist etwas sehr Spannendes passiert. Das Puzzle hat sich nämlich so langsam wieder zusammengesetzt und was dabei rauskam, ist wunderschön! Ich habe mich an das harte Bett gewöhnt und schlafe nun ganz gut, mittlerweile haben wir sogar (meistens) warmes Wasser zum Duschen, über die andauernden Spuckgeräusche kann ich nur lachen, die Kakerlaken lass ich grösstenteils links liegen, mit den Stromunterbrüchen lernt man zu leben und nun, da die Reizüberflutung abgeklungen ist, kann ich zwischen dem Abfall und Dreck auch sehr viel sehr Schönes sehen und tauche völlig in diese mittlerweile gar nicht mehr so fremde Kultur ein.
Aber das Schönste hier, das sind die Menschen! Es wird Zeit, dass ich etwas über diese wunderbaren Nepalesen sage.
Zuerst natürlich über die Kinder. Ich bin etwas stolz drauf, dass ich alle Namen innerhalb einer Woche gelernt hatte ;) aber es ist einfach so viel leichter Zugang zu einem Menschen zu finden, wenn du seinen Namen kennst. Wie ich schon erwähnt habe, wohnen hier 46 Kinder in einem Haus. Das Haus ist wirklich zum Bersten voll und jeder Winkel muss genutzt werden. Hausaufgen und Essen sind im selben Zimmer, an denselben Tischen und Bänken und das ist extrem eng. Hausaufgaben sind oft sehr schwierig zu machen, vor allem für die Kleinen oder die, die Mühe haben, sich zu konzentrieren. Die Praktikanten machen draussen auf Teppichen mit kleinen Gruppen Hausaufgaben, soferns nicht grad regnet. Die Kinder schlafen in Räumen mit 8-10 Betten, teilweise zu zweit in einem Bett. Jedes Kind hat ein Outfit plus Schuluniform und alles gehört allen. Trotz all diesen Einschränkungen haben diese Kinder es sehr gut! Sie kriegen genug zu Essen, dürfen zur Schule gehen, müssen nicht arbeiten und zwischendurch ist sogar ein Ausflug möglich. Und das allerwichtigste ist, dass sie von Menschen betreut werden, die etwas von ihrem Handwerk verstehen und sie echt lieben. Die Mehrzahl der Kinder in Nepal können das nicht von all diesen Punkten sagen. Und die Mehrzahl der Kinder in Europa können solche Verhältnisse nicht nachvollziehen!
Die meisten Kinder sind wirklich extrem fröhlich und zugänglich. Die Älteren brauchen etwas länger, bis sie auftauen, aber dann sind sie sehr lustig und offen. Ausserdem sind alle so hübsch! Ich glaube, Nepalesen sind einfach ein schönes Volk!
Navraj, der Leiter des Heims ist 28 Jahre alt und der Ersatzvater der ganzen Bande. Er ist sehr fortschrittlich und offen in seinem Denken und liebt die Kinder über alles. Er selbst wuchs auch als Sozialwaise in einem Waisenhaus auf und weiss, wie es sich anfühlt. Die Geschichte seiner Mutter ist krass, schockierend und erzählt ein schwieriges Leben. Und je mehr Nepalesen ich kennen lerne, desto mehr solcher Geschichten höre ich. Geschichten von einem Strassenkind, das mit 7 Jahren seinen Vater verliert und anfängt an Touristen Souveniers zu verkaufen. Er geht nie zur Schule und obwohl er 5 Seachen spricht und ein Business hat, fühlt er sich auch heute mit 30 noch dumm! Oder ein Mädchen, dass mit 12 Jahren verheiratet wird und weil es einer tieferen Kaste als ihr Mann angehört wie eine Sklavin schuften muss. Weiter eine junge fortschrittliche Nepalesin, die während zwei Jahren ihre Beziehung zu ihrem Freund geheimhalten muss, weil sie befürchtet, dass die Eltern nicht einverstanden sind. Dies bewahrheitet sich auch und sie muss extrem dafür kämpfen, dass sie ihn schliesslich heiraten darf. Nun arbeitet er in Dubai, wie so viele Nepalesen, weil man da besser verdient und und sie hat einen kleinen Schmuckladen hier. Sie sehen sich alle zwei Jahre für 2-3 Wochen!
Und doch, oder vielleicht gerade deshalb, sind viele Menschen hier so liebenswert, hilfsbereit, lebensfroh und nehmen ihr Leben wie es ist. Wie oft hat mir ein Nepalese oder Nepalesin schon von ihrem Leben und ihren scheinbar unmöglichen Träumen erzählt und mit einem lächeln gesagt: "What to do! Was soll man machen!" Sie versuchen mit dem glücklich zu sein, was sie haben und mit diesem Hintergrund rücken Beziehungen zu Familie und Freunden in den Vordergrund. Mir scheint es, dass Nepalesen immer Zeit für ihre Lieben haben oder sich die Zeit nehmen. Es kann vorkommen, dass sie auch an einem arbeitsreichen Tag alles stehen und liegen lassen, weil sie dir versprochen haben, dich irgendwohin mitzunehmen, dich zu begleiten oder dir etwas zu zeigen. Auch wenn sonst so einiges schief läuft in diesem Land, diese Prioritäten liegen richtig. Ich glaube, dass es den Menschen in unserer westlichen Welt um einiges besser gehen würde, wenn wir unsere Prioritäten in diese Richtung verschieben würden, dankbarer dafür wären, was wir haben und mehr lächelnd sagen würden: What to do!
The last few weeks I was either sick or so busy experiencing Nepal that I didn't have time to write. Sorry! But during this time something fascinating has happened. Slowly the pieces were being put back together and the picture that appeared is beautiful! I got used to the hard bed and acctually sleep pretty well, we mostly get warm water to shower, about the spitting everywhere one turns I can only laugh, the cockroaches don't disturb me, I can manage the power cut-offs and now that the sensory overload has subsided somewhat, I can spot a lot of pretty things in the middle of all the rubbish and mudd and I'm totally immersed in this new culture. But what's most beautiful about this country are the people! It's time that I'll tell you a little bit about these wonderful Nepalese men, women and children.
First, of course, I'll tell you about the children. I'm quite proud to say that I've learnt all the names in one week, but it's just so much easier to get to know someone once you know their name. As I have told you before there are 46 children living in one house and it really is bursting at the seams. Every little corner has to be used. Homeworks and meals are held in the same room, on the same tables and chairs. It is so tight. Homework is often very difficult to do, especially for the little ones and the ones, who have a hard time concentrating! The volunteers go outside to do homework with small groups on carpets, as far as it doesn't rain. The children sleep in rooms with 8-10 beds, in some beds even two children. Each child has one outfit plus the school uniforms and everything belongs to everyone. But even with all of those limitations these children are lucky! They get enough food, can go to school (Boys AND girls), they don't have to work and every once in a while they can even go on an outing. But most importantly they are taken care of by people who know what they are doing and who love them. The majority of the children in Nepal can't say that of all of these points. And the majority of children in Europe can't understand such conditions!
Most of the children are really very happy and responsive. The older ones need some more time until they are ready to open up, but then they are very funny and cute! And they are all so beautiful! I think the Nepali people are just a beautiful people.
Navraj, the leader of the home, is 28 years old and the substitute father to the whole gang. He is a natural at what he does! He is very progressive and open in his thinking and loves the children with all his heart. He himself grew up in an orphanage as a social orphange and knows what that is like. His and his mother's story is shocking and tells of a difficult life. The more Nepalese people I get to know the more such stories I hear. Stories of a child on the streets that has lost his father when he was only 7 years old and started to sell souvenirs to tourists on the street. He was never able to go to school and even though he speaks 5 languages and owns a small business, he still feels stupid because of the lack of education! Or a girl who was married of at the age of 12 and had to work like a slave because she was part of a lower caste than her husband. The next one is a young progressive Nepalese girl of 26 years who had to keep her relationship with her boyfriend secret for two years because she was afraid that her parents would not agree. As it was the case after she told them! She had to fight very hard to be allowed to marry him. Now they are married for 5 years and for the last 4 years he has been working in Dubai (like a lot of Nepalese, because the pay is a lot better). She has a little jewellery shop here and they see each other for 2-3 weeks every two years!
And yet, or maybe that's even the reason why, so many people here are so loving, helpful, buoyant and enjoy their life just the way it is. Many times Nepalese people have told me about their lives and their seemingly impossible dreams and ended their account with a smile: "What to do!" They try to be happy with what they have and with this background, relationships with family and friends become much more important. It seems to me that the Nepalese always have or take time for their loved ones! And they are so helpful! Even on a busy they might just drop everything because they had promised to take you someplace, accompany you or show you something. Their is a lot that is not going right here, but these priorities they have straight. I believe that the Western world would be better off if we would shift our priorities more towards that direction, were more grateful for what we have and wouldn't always wish for what we don't have and if we would more often say with a smile:"What to do!"
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